Interview mit Tobias Dorr, vormals Leiter der Geschäftsstelle der Allianz für Entwicklung und Klima und nun Leiter des Sektorvorhabens zur deren Unterstützung

Die 2018 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gegründete Allianz für Entwicklung und Klima verbindet nachhaltige Entwicklungsprojekte mit globalem Klimaschutz und zählt mittlerweile weit über 900 Unterstützer. Diese streben Klimaneutralität an, indem sie ihre Treibhausgasemissionen vermeiden bzw. verringern und verbleibende Emissionen kompensieren. Die Allianz wurde im vergangenen Jahr in eine eigene Stiftung überführt.

Tobias Dorr. Bild: GIZ

Wie kam es, dass die Allianz für Entwicklung und Klima nun eine Stiftung ist?

Die Allianz für Entwicklung und Klima ist 2018 im Auftrag des BMZ konzipiert worden, gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW/n). Das Sekretariat liegt bei uns in der GIZ in einem eigens dafür aufgesetzten Projekt. Die Initiative hat sich sehr gut entwickelt, und wir haben mittlerweile mehr als 900 Mitglieder, darunter Unternehmen und andere Institutionen.

Besonders die Wirtschaft hat ihr großes Interesse signalisiert, diesen Verbund auch langfristig aufrechtzuerhalten und auszubauen. Das hat das BMZ dazu bewogen, die Allianz, die bis dahin eher ein loser Verbund war, in eine feste Institution zu überführen – dazu wurde die Stiftung gegründet.

Ende März wurde der Jahresbericht 2020 veröffentlicht. Was sind die wichtigsten Veränderungen und Fortschritte?

Ein zentrales Anliegen der Unterstützer der Allianz ist der Einsatz für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Das meint: nicht nur darüber zu informieren, sondern konkrete Maßnahmen zu ergreifen. 2020 wurde das erste Mal für das Vorjahr Bilanz gezogen. Unser brandaktueller Jahresbericht wirft darauf aufbauend ein interessantes Licht: Die Mitglieder haben nicht nur im eigenen Betrieb mehr für Klimaschutz getan, sondern auch mehr als im Vorjahr und mehr als angekündigt kompensiert.

Während in 2019 im Rahmen der Allianz rund 2,5 Mio. Tonnen CO2 kompensiert wurden, waren es 2020 schon 3,6 Mio. Tonnen – das entspricht einer Steigerung von immerhin 40 Prozent. Dabei wurde ein wachsender Anteil in Gold-Standard-Zertifikate investiert, die besonders verlässlich nachhaltige Entwicklung in den Projekten garantieren.

Des Weiteren gab es im vergangenen Jahr einen starken Anstieg an geförderten Projekten sogenannter Nature-based Solutions. Dazu zählen etwa Aufforstungs- und Renaturierungsprojekte, die stark auf den Erhalt der Biodiversität abzielen. Rund die Hälfte aller Projekte, die von den Mitgliedern durchgeführt werden, fallen in diese Kategorie – im Vorjahr war das nur bei einem Drittel der Fall.

Schließlich haben wir im vergangenen Jahr erfolgreich unsere Generalversammlung, Workshops und Online-Seminare virtuell durchgeführt und haben Studien veröffentlicht. Wir sind in den sozialen Medien sehr präsent und haben eine Medienkampagne gestartet. All das mit der Folge, dass unsere Inhalte gut ankommen und die Allianz als „Marke“ angenommen wird.

Welche Vorteile ergeben sich für die Allianz daraus, dass sie eine Multi-Akteurs-Partnerschaft ist?

Wir haben uns vor Gründung der Allianz überlegt, welchen „Lösungsansatz“ zum Themenkomplex CO2-Kompensation wir dem BMZ vorschlagen möchten. Die Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) war dabei eine von mehreren Optionen. Im Dialog mit dem BMZ und einzelnen Schlüsselakteur*innen wurde dann rasch deutlich, dass der partizipative Ansatz, also gemeinsam an der Erreichung eines Ziels zu arbeiten, sehr gut ankommt. In einem ersten sogenannten Initiativkreistreffen mit rund 50 Teilnehmenden erfuhren wir eine enorm positive Resonanz, denn die Teilnehmenden waren davon angetan, ihre Sichtweise gleichberechtigt einbringen zu können.

Das hat uns ermutigt, unseren Kriterienkatalog – also das Dokument, in dem wir festhalten, in welche Art von Projekten investiert werden darf – gemeinsam mit allen interessierten Unterstützern zu entwickeln. Die Stärke einer MAP besteht unter anderem darin, dass nicht nur zu bestimmten Anlässen, sondern fortlaufend eine Konsensbildung unter den Akteur*innen stattfindet.

Von den mehr als 900 Unterstützern kommen rund Zweidrittel aus dem Privatsektor und wiederum Zweidrittel davon sind kleine und mittlere Unternehmen. Daneben sind Verbände vertreten, Kommunen und Behörden, Privatleute und NROs. All diese Akteur*innen verbindet, dass sie etwas zum Thema Klimaneutralität beitragen möchten. Es gibt außerhalb der Allianz kein Forum zu dem Thema, in dem diese Vielfalt an Akteur*innen versammelt wäre. Das ist das Besondere an dieser MAP: dass sie so viele unterschiedliche Partner zusammenbringt, um den Sektor transparenter zu gestalten.

Es ist an der einen oder anderen Stelle auch schwierig, immer einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden. Aber dass der Austausch von allen Beteiligten weiterhin gewollt und betrieben wird, zeigt, dass die MAP als Organisationsform sich bewährt hat.

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