Eigentlich ist es doch sehr einfach, am Anfang eines Partnerschaftsprozesses übernimmt jeder seine vereinbarte Rolle und die damit einhergehende Verantwortung ist allen klar. Nach der Planung weiß jeder, was zu tun ist und das Vorhaben läuft. In der Praxis scheint dies aber doch nicht so einfach zu sein. Warum?

Partnerschaften für nachhaltige Entwicklung sind extrem komplex und lassen sich nur bedingt mit den bekannten Projektmanagement-Tools angehen. Die Partner müssen also zunächst lernen, in komplexen Strukturen zu denken und zu handeln. Sie müssen sich Prozesskompetenz und Fähigkeiten im Kooperationsmanagement aneignen. Wenn z.B. eine verantwortliche Wertschöpfungskette hergestellt werden soll, reicht es nicht, nur Prozesse und Produktion zu auditieren oder Stakeholder zu konsultieren. Die Initiatoren müssen die Kooperation zwischen vielen Akteur*innen in der Wertschöpfungskette in Gang setzen. Das ist mehr als reine Organisation, man muss sich hinter eine Idee – Transparenz und Nachhaltigkeit – stellen und die Beteiligten begeistern, dies gemeinsam umzusetzen. Das gilt für große wie auch für kleine Partnerschaftsprojekte.

In einer Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) kann es manchmal mühsam werden gemeinsam an einem Strang zu ziehen, weil alle Partner eben auch unterschiedliche Interessen verfolgen. Wenn aber alle Beteiligten die Potenziale einer MAP erkennen und begreifen, dass es nicht darum geht, sich in dem Partnerschaftsvorhaben für ein übergeordnetes Ziel komplett aufzugeben, sondern von den Interessen, Bedenken und Motivationen der anderen Akteur*innen zu lernen und dadurch seine eigenen Möglichkeiten auszubauen, bleibt die MAP relevant für alle Partner. Ein transparenter Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten ist daher ratsam, weil Transparenz auch hier Vertrauen aufbaut und erhält. Wichtig dafür sind Respekt und Wertschätzung. Akteur*innen können und müssen unterschiedlicher Meinung sein und um die beste Strategieumsetzung ringen. Respekt und Wertschätzung im Umgang sind allerdings Grundlage für das Basisvertrauen, das MAP in der Umsetzung brauchen. Im Umgang mit Rollenklarheit und Interessensunterschieden ist Prozessmanagement ist daher in MAP noch wichtiger als in traditionellen Formen der Projektumsetzung.

Differenzen unterschiedlicher Form treten in jeder Kooperation auf, weil wir unsere eigenen Interessen für einen gewissen Zeitraum dem Größeren unterordnen mit dem Vertrauen, dass am Ende dies durch einen Interessensausgleich, in welcher Form auch immer, belohnt wird. Ein gutes Prozessmanagement und eine partizipative Kommunikation können verhindern, dass Spannungen dabei entstehen, die den Kooperationsprozess gefährden oder die Ergebnisse beeinträchtigen. Die folgenden 12 Prinzipien haben sich in erfolgreichen MAP bewährt:

› Eine starke Kerngruppe aufbauen: Eine Kerngruppe besteht aus den Akteur*innen, die die Partner repräsentieren und die sich zugleich für das gemeinsame Ziel engagieren. Sie führen den Partnerschaftsprozess gemeinsam und beziehen Schritt für Schritt mehr Akteur*innen ein.

› Resonanz für die Veränderung aufbauen: Bei all jenen Stakeholdern, die für die Umsetzung wichtig sind. Dazu gehört die Einbeziehung von hochrangigen Akteur*innen (z.B. Ministerien, Gemeindevertreter oder die eigene Managementebene) ebenso wie der Betroffenen und Beteiligten.

› Das System der Akteur*innen in einem Raum zusammenbringen. Die richtige Auswahl der Akteur*innen ist ein Mikrokosmos, der die Stakeholder-Landschaft einer MAP repräsentiert. Gute Kick-off, Planungs- und Strategieworkshop in einer MAP fördern guten Dialog, Ergebnisorientierung und Austausch unter den Akteur*innen.

› Eine gemeinsame Diagnose der Ausgangssituation erstellen. Die gemeinsame Analyse der Situation – unterstützt, aber nicht ersetzt durch Studien und Forschung – ist der Ausgangspunkt für die ebenso gemeinsame Definition eines Zielkorridors und das Commitment der Partner

› Gute Beziehungen aufbauen: Es sind immer Menschen, die MAP zum Erfolg führen – gemeinsam. Die Akteur*innen müssen die Gelegenheit haben, sich nicht nur formell, sondern auch informell kennen zu lernen. Wer die Geschichten und den Kontext der Partner kennt, baut Vertrauen auf und kann konstruktiver mit Konflikten umgehen.

› Unterschiede transparent machen in einem strukturierten Dialog: Wenn man sicherstellt, dass unterschiedliche Meinungen und Interessen im Raum sind und die Akteur*innen sich gegenseitig zuhören, hat man eine gemeinsame Basis für erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt.

› Ergebnisorientierung in den Vordergrund rücken: Kleine gemeinsame Erfolge stärken eine MAP. Wenn Akteur*innen über institutionelle Grenzen hinweg an einer konkreten Aufgabe arbeiten, entsteht schneller eine partnerschaftliche Kultur der Zusammenarbeit.

› Externe Expertise als Inspiration einbringen: Zahlen, Daten, Fakten ebenso wie gute Erfahrungen ähnlicher Projekte müssen als Anregung, nicht als Bevormundung, in einen MAP Planungs- und Umsetzungsprozess eingebracht werden.

› Gemeinsamkeiten deutlich machen: Ebenso wichtig wie das Zuhören zu unterschiedlichen Perspektiven ist es, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und darzustellen. Hierzu gehört es auch, den gemeinsam vereinbarten Zielkorridor einer MAP immer wieder deutlich zu machen.

› Expertengruppen und Task Forces sinnvoll einsetzen: Wenn es um fachliche Inhalte geht, die besondere Expertise brauchen, oder wenn bestimmte Interessensunterschiede nicht gelöst werden können, ist es sinnvoll, eine Expertengruppe damit zu beauftragen Vorschläge zu erarbeiten.

› Den Zielkorridor regelmäßig in Erinnerung rufen: In der Hektik des Tagesgeschäfts geht oft auch bei MAP der Blick auf das als gemeinsam definierte Ziel verloren. Der regelmäßige Hinweis auf das ‚Warum’ des Vorhabens ist ebenso wichtig wie eine gemeinsame Auswertung der Umsetzung in Abständen von 3-6 Monaten.

› Einen strukturierten Prozess anbieten: Verlässlichkeit im Prozessmanagement ist entscheidend, um Vertrauen aufzubauen und Commitment der Akteur*innen zu erhalten. Kein Treffen der Akteur*innen sollte enden, ohne das Folgetreffen zu vereinbaren. Umsetzungspläne und Monitoring-Maßnahmen müssen gemeinsam vereinbart sein.

Die Rollen der beteiligten Akteur*innen werden im Konsens festgelegt. In MAPs sind gemeinsam vereinbarte Prozesse in denen die Verantwortlichkeiten, Aktivitäten, Zeitpläne u.a. klar festgehalten sind, ausschlaggebend, um die Zuverlässigkeit über den langen Zeitraum einer MAP zu gewährleisten. Genau aus diesen Gründen ist es auch wichtig, dass alle Beteiligten im Vorfeld ausreichend Zeit investieren sich über ihre Interessen, Kompetenzen, Stärken und Schwächen klar und offen auszutauschen. Die beteiligten Akteur*innen werden sich engagieren, wenn sie überzeugt sind, dass ein Ergebnis wichtig ist und sich positiv auf ihre eigenen Anspruchsgruppen oder ihre eigene Organisation auswirkt. Am Anfang gilt also herauszufinden, wie relevant das Thema für bestimmte Akteur*innen ist und was deren Anliegen und Erwartungen sind. Dem sollte während des gesamten Prozesses Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Zeit und Ressourcen, die die beteiligten Akteur*innen in das Erarbeiten und Erreichen eines gemeinsamen Ziels stecken, müssen von den Initiatoren gewürdigt werden. Wenn ein Beitrag zählt, stärkt das nämlich die Bereitschaft in einer MAP.

Gastbeitrag von Petra Künkel, Autorin, Gründerin und Geschäftsführerin des Collective Leadership Institutes, Mitglied des Club of Rome. Ihre Arbeit fokussiert auf Nachhaltigkeitstransformation in Multi-Akteurspartnerschaften.

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